Die Wohnungskrise in vielen deutschen Städten hat in den letzten Jahren zu steigenden Mieten und einer zunehmenden Verdrängung einkommensschwacher Haushalte geführt. Als Reaktion darauf hat das Parlament am 23. Mai 2025 über den von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vorgelegten Gesetzentwurf eines „Faire-Mieten-Gesetzes“ (offiziell: „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen und zur Stärkung der Mietpreisbremse“) beraten.
Ziel soll es sein, den Mietenanstieg zu dämpfen und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Doch was genau beinhaltet der Gesetzentwurf, und wie würde er sich auf Mieter, Vermieter und den Wohnungsmarkt auswirken? Als Experten für Immobilienrecht zeigen wir dir, worauf du dich als Vermieter im Falle einer Verabschiedung einstellen müsstest.
immocloud Expertenwissen auf einen Blick
- Ziel des Faire-Mieten-Gesetzes ist es, steigende Mieten in Ballungsräumen zu begrenzen und einkommensschwache Haushalte vor Verdrängung zu schützen.
- Es zielt zusätzlich auf eine Verschärfung der Mietpreisbremse, Neuvermietungen sollen nur noch 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, eine Mietengarantie für Bestandsmieter, ein Verbot von Staffelmieten ohne Mieterzustimmung sowie härtere Sanktionen gegen Vermieter bei Verstößen.
- Für den Gesetzentwurf spricht der Aspekt der avisierten sozialen Gerechtigkeit.
- Die Kritik gegen den Gesetzentwurf richtet sich gegen einen erwarteten Investitionsrückgang und die Ineffizienz der Maßnahmen.
- Alternative Konzepte zielen auf marktwirtschaftliche Lösungen statt auf pauschale Deckelung.
Hintergrund: Warum ein Faire-Mieten-Gesetz?
In Ballungsräumen wie Berlin, München oder Hamburg sind die Mieten in den letzten Jahren stark gestiegen. Viele Haushalte geben bereits mehr als 30 % ihres Einkommens für die Miete aus – ein Wert, der als Belastungsgrenze gilt. Gleichzeitig fehlt es an sozialem Wohnungsbau und bezahlbaren Neubauprojekten. Die bisherigen Instrumente wie die Mietpreisbremse zeigten nur begrenzte Wirkung, da sie viele Ausnahmen enthielten und oft umgangen wurden.
Das Faire-Mieten-Gesetz will hier nachschärfen und eine stärkere Regulierung des Mietmarkts bewirken. Es baut auf bestehenden Regelungen wie dem Mietendeckel (in einigen Bundesländern) und der Mietpreisbremse auf, geht aber in vielen Punkten weiter.
Kerninhalte des Faire-Mieten-Gesetzes?
Das Faire-Mieten-Gesetz zielt darauf ab, den Wohnungsmarkt zu regulieren und Mieten zu deckeln. Zu den zentralen Inhalten gehören:
- Verschärfte Mietpreisbremse:
Begrenzung von Neuvermietungen auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete in angespannten Wohngebieten.
- Mietengarantie für Bestandsmieter:
Jährliche Mieterhöhungen auf maximal 3 % gedeckelt; Staffelmieten nur mit Mieterzustimmung.
- Strikte Kontrollen & Sanktionen:
Vermieter müssen Mietobergrenzen nachweisen; bei Verstößen drohen Bußgelder und Rückzahlungen.
- Förderung sozialen Wohnungsbaus:
Mehr Finanzmittel und kommunale Rechte, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen (z. B. durch Vorrangvergabe von Bauland).
Verschärfung der Mietpreisbremse
- Die Mietpreisbremse wird ausgeweitet: In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Miete für Neuvermietungen nicht mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen (bisher teilweise höhere Toleranzen).
- Ausnahmen werden reduziert: Modernisierungen und Neubauten sind nur noch unter strengeren Voraussetzungen von der Begrenzung ausgenommen.
Einführung einer „Mietengarantie“ für Bestandsmieter
- Mieter sollen vor überhöhten Mieterhöhungen geschützt werden.
- Jährliche Mieterhöhungen werden auf maximal 3 % gedeckelt (in besonders angespannten Regionen).
- Keine Staffelmieten mehr ohne Zustimmung des Mieters.
Stärkere Kontrollen und härtere Sanktionen
- Vermieter müssen die Einhaltung der Mietobergrenzen nachweisen.
- Bei Verstößen drohen Rückzahlungspflichten und Bußgelder.
- Mieter können zu hohe Mieten leichter gerichtlich anfechten.
Förderungen des sozialen Wohnungsbaus
- Der soziale Wohnungsbau wird mit zusätzlichen Fördermitteln unterstützt.
- Kommunen erhalten mehr Rechte, Baugrundstücke vorrangig für bezahlbaren Wohnraum zu vergeben.
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Pro & Contra: Chancen und Kritik am Faire-Mieten-Gesetzes
Das Faire-Mieten-Gesetz soll für mehr soziale Gerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt sorgen, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich.
Vorteile des Gesetzes
Das Faire-Mieten-Gesetz verfolgt mehrere Ziele, die auf soziale Gerechtigkeit und Marktregulierung abzielen sollen.
Alle Vorteile im Überblick:
- Schutz einkommensschwacher Haushalte
- Transparenz und Planungssicherheit
- Anti-Gentrifizierungsmaßnahmen
- Regionale Anpassungsmechanismen
Schutz einkommensschwacher Haushalte
Durch verbindliche Mietobergrenzen soll verhindert werden, dass Mieter aufgrund sprunghaft steigender Mieten überproportional belastet oder gar aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Besonders Familien und Geringverdienende sollen vor finanzieller Überlastung geschützt werden, indem die Mieten an die lokale Kaufkraft geknüpft werden.
Transparenz und Planungssicherheit
Klare gesetzliche Vorgaben sollen den Mietmarkt entmystifizieren – sowohl für Mieter als auch für Vermieter. Durch vorhersehbare Mietanpassungen wird langfristiges Wohnen und Wirtschaften ermöglicht, was die spekulative Preistreiberei eindämmt.
Anti-Gentrifizierungsmaßnahmen
In beliebten Stadtvierteln führt steigende Attraktivität oft zu Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen. Das Gesetz soll durch Deckelungen und strengere Vorgaben für Modernisierungen verhindern, dass Mieten in solchen Gebieten unkontrolliert explodieren. Damit wird bezahlbarer Wohnraum gesichert und soziale Durchmischung gefördert.
Regionale Anpassungsmechanismen
Um unterschiedliche Wohnungsmärkte zu berücksichtigen, könnten dynamische Obergrenzen eingeführt werden, die sich an Faktoren wie Durchschnittseinkommen oder Mietspiegeln orientieren. Dies verhindert pauschale Lösungen und berücksichtigt lokale Gegebenheiten.
Kritik am Faire Mieten Gesetz
Aus Sicht von Kritikern birgt das geplante Faire Mieten Gesetz erhebliche systemische Risiken, die den Wohnungsmarkt nachhaltig verändern könnten.
Hier finden Sie die wichtigsten Kritikpunkte auf einen Blick:
- Investitionshemmnis
- Schwarzmarkt-Gefahr
- Unbeabsichtigte soziale Folgewirkungen
- Bewertungsproblematik
- Modernisierungsparadoxon
- Kontroll-Dilemma
So droht der Gesetzentwurf, grundlegende Marktmechanismen zu stören, was zu einer Kapitalflucht aus dem Mietwohnungsbau führen könnte. Viele Investoren werden vermutlich vermehrt in gewerbliche Immobilien oder andere Anlageklassen abwandern, wenn die Renditeerwartungen im Wohnungssektor sinken. Dies hätte einen Qualitätsverlust des Wohnungsbestands zur Folge, da bei geringeren Renditen notwendige Modernisierungen im Bereich Energieeffizienz und Barrierefreiheit unterbleiben könnten.
Besonders problematisch wäre die Entstehung einer Zweiteilung des Marktes, bei der sich parallel zum regulierten Mietmarkt ein Schwarzmarkt für „Premium-Mietverträge“ mit versteckten Kosten entwickeln könnte. Zudem ist zu befürchten, dass informelle Aufschläge über Nebenkosten oder Möblierungszuschläge als Umgehungsstrategien boomen könnten.
Die geplanten Regelungen bergen unbeabsichtigte soziale Folgewirkungen, welche genau die Gruppen treffen könnten, die eigentlich geschützt werden sollen.
So könnte durch gedeckelte Bestandsmieten Anreiz für Altmieter sinken, ihren Wohnraum zu wechseln, was wiederum das Angebot für junge Menschen und Zuzügler weiter verknappen würde.
Die praktische Umsetzung des Gesetzes wirft auch weitere komplexe Fragen auf. Die Bewertungsproblematik zeigt sich besonders bei der Ermittlung des „ortsüblichen Vergleichsmietpreises“ in heterogenen Vierteln, wo unterschiedlichste Wohnungstypen und -lagen aufeinandertreffen.
Ein Modernisierungsparadoxon entsteht dadurch, dass Energieeffizienzmaßnahmen durch Mietdeckel unattraktiv werden, was wiederum die Klimaziele gefährden könnte.
Nicht zuletzt stellt sich das Kontroll-Dilemma: Um die Einhaltung der neuen Regelungen durchzusetzen, müsste der staatliche Überwachungsapparat massiv ausgebaut werden, was erhebliche zusätzliche Kosten verursachen würde.
Exkurs: Marktwirtschaftlich orientierte Alternativkonzepte
Angesichts dieser systemischen Risiken erscheinen marktwirtschaftlichere Alternativkonzepte vielversprechender.
Dazu gehören dynamische Mietpreisbindungen an lokale Wirtschaftsindikatoren, steuerliche Anreize für Vermieter mit unterdurchschnittlichen Mieten, beschleunigte Baugenehmigungsverfahren für preisgebundene Projekte, innovative kommunale Bodenpolitik mit Erbpachtmodellen sowie subventionierte Mietgarantien für soziale Wohnprojekte.
Diese Maßnahmen könnten bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne die Funktionsfähigkeit des Wohnungsmarktes zu gefährden.
FAQs zum Faire-Mieten-Gesetz
Was ist das Ziel des Faire-Mieten-Gesetzes?
Das Gesetz soll steigende Mieten in angespannten Wohngebieten bremsen und einkommensschwache Haushalte vor Verdrängung schützen. Es kombiniert eine verschärfte Mietpreisbremse mit einer jährlichen Mieterhöhungs-Obergrenze von 3 % für Bestandsmieter.
Für welche Wohnungen gilt das Gesetz?
Alle Mietverträge in Gebieten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ (offiziell festgelegt).
Ausnahmen:
- Neubauten (für 10–15 Jahre, je nach Bundesland).
- Modernisierungen nur bei strengen Voraussetzungen.
Wie wird die „ortsübliche Vergleichsmiete“ bestimmt?
- Orientierung am Mietspiegel der Kommune.
- Bei fehlendem Mietspiegel: Gutachten oder Durchschnittsmieten ähnlicher Wohnungen.
- Neuvermietungen dürfen maximal 10 % über diesem Wert liegen.
Was ändert sich für Bestandsmieter?
- Mieterhöhungen auf maximal 3 % pro Jahr gedeckelt (bisher bis 15 % in 3 Jahren möglich).
- Staffelmieten nur noch mit ausdrücklicher Mieter-Zustimmung.
- Kündigungsschutz wird gestärkt (keine Eigenbedarfskündigung bei Verdacht auf „Mietpreistreiberei“).
Welche Sanktionen drohen Vermietern bei Verstößen?
- Rückzahlung überhöhter Mieten an Mieter.
- Bußgelder bis zu 50.000 €.
- Mietverträge können für unwirksam erklärt werden.
Kritik: Warum lehnen Immobilienverbände das Gesetz ab?
- Investitionsstopp: Geringere Renditen führen zu weniger Neubau und Modernisierungen.
- Bürokratie: Vermieter müssen Mieten nachweisen, Kontrollen werden aufwändiger.
- Schwarzmarkt-Gefahr: Umgehungen, z. B. durch „Möblierungszuschläge“.
Gibt es Alternativen zum Gesetz?
- Mehr sozialer Wohnungsbau (staatliche Förderung).
- Baugenehmigungen beschleunigen (mehr Angebot = sinkende Mieten).
- Steuerliche Anreize für Vermieter
Unsere Zusammenfassung
Das Faire-Mieten-Gesetz versteht sich als politische Teilmaßnahme, um die bestehende Wohnungskrise zu entschärfen. Ob es langfristig wirksam wäre, hängt maßgeblich auch davon ab, ob gleichzeitig genug neuer Wohnraum geschaffen wird. Denn ohne ein größeres Angebot bleiben Mietregulierungen nur eine kurzfristige Lösung.
Gleichzeitig führt das Gesetz zu mehr Regulierung, weniger Investitionsanreizen und höheren Kosten, ohne das Kernproblem – den Wohnungsmangel – zu lösen. Statt pauschaler Mietpreisbremse wären zielgenauere Lösungen wie Förderung von Sozialwohnungen oder vereinfachte Baugenehmigungen sinnvoller. In der bestehenden Form könnte das Gesetz ungewollt das Wohnungsangebot verknappen und langfristig sogar zu höheren Mieten führen.
Informiere dich umfassend über alle weiteren Entwicklungen und bleibe mit uns auf dem Laufenden, damit du bezüglich der Rechtslage immer auf dem aktuellen Stand bist.
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